Camillo
Eine Geschichte mit Happy-End:
Nachdem unser geliebter Collie Cliff ganz plötzlich aus
unserem Leben gerissen wurde, wollten wir
zunächst keinen Hund mehr haben.
Wir
trauerten alle sehr. Da aber unser Cliff nicht auf natürliche Weise von uns
gegangen war,
wollten wir wenigstens durch Briefe und Information verhindern,
dass ein weiterer Collie so unnötig sterben muss.
Nachzulesen unter Geschichte:
Cliff, ein
trauriges Ende!
So ging meine Reise los durch die Weiten des Internets.
Dabei stieß ich auf die Seite von Frau Jostschulte.
Natürlich konnte ich dem
Drang nicht wieder stehen und schaute mir die Nothunde an.
Dort las ich dann auch
von dem Schicksal von Lukas.
Selbst heute steigen mir bei dem Gedanken an ihn
die Tränen in die Augen.
Als nächstes öffnete ich den Nothund 'Camillo' in
Erwartung, vielleicht diesmal nicht
so etwas Trauriges lesen zu müssen.
Doch weit gefehlt. Nach den Sätzen:
Hier ist wieder eine traurige Geschichte,
wieder ein alter Collie, der ausgesetzt wurde.
Hier könnte ich noch mal die
Geschichte von Lukas schreiben, es wird genau so gewesen sein.
Gibt es einen
Collieliebhaber, der ein Herz für einen alten Collierüden hat,
der ihm noch ein
Plätzchen gibt, ihn liebt trotz seines Alters????
Soll es Camillo so ergehen
wie Lukas, im Tierheim sterben????
Und bei einem Blick auf das Foto war es
dann endgültig aus. Mir liefen die Tränen nur noch so runter.
Ich konnte Camillo
nicht mehr aus meinen Gedanken bannen.
Als nächstes druckte ich Camillos
Geschichte aus, stellte ihn dem 'Familienrat' vor und schrieb das Tierheim an.
So ein alter Hund....geht das gut?
Mittlerweile war allen klar....WIR BRAUCHEN EINEN
HUND!!!....es fehlte etwas ganz Wichtiges in der Familie.
Niemand konnte uns
unseren Cliff zurück geben, aber wir konnten einem Hund helfen, der in Not war.
Ich denke, das hätte Cliff auch gewollt.
Aber einen 12 jährigen Hund? Wer weiß,
was der alles hat.
Das Risiko ist groß, dass er Krebs hat und
vielleicht bei uns nur kurze Zeit lebt.
Hätten wir einen neuerlichen Verlust
verkraftet?
Camillo hatte die Zähne vereitert. Der Tierarzt in
Rathenow sprach davon, dass alle Zähne eigentlich gezogen werden müssten.
Wie
ernährt man einen Hund ohne Zähne? Kann er überhaupt noch gut ernährt werden?
Laut Tierarzt war das Herz so schwach, das dieser sich nicht traute, Camillo unter Narkose zu setzen, um ihm Zahnstein zu entfernen.
Einen alten Hund ins Haus holen,
der vielleicht dann keine Zähne mehr hat, ein kaputtes Herz , Arthrose und was
so alte Hunde sonst noch so haben???
Können wir diesen Pflegeaufwand leisten?
Haben wir so viel Zeit?
Können wir überhaupt so kurz nach dem Tod von Cliff einen Hund lieb gewinnen?
Auf meinem Spaziergang.....
Und was jetzt?
Es wurde im Familienrat einige Zeit hin und her
überlegt.
Mein Bruder und ich waren Feuer und Flamme für Camillo, unsere Eltern
hatten Bedenken.
Alle Argumente dafür und dagegen wurden in den Raum gestellt
und die Frage, ob wir nicht lieber einen
jüngeren Hund nehmen sollten, der auch in
Not ist.
Denn dass wir einen Collie in Not nehmen würden, stand nach dieser
Diskussion fest, nur nicht welchen??
Die Entscheidung...Camillo findet ein zu Hause
Nach langem diskutieren hatten
wir uns dann endlich für einen Collie entschieden...
Camillo!!!
Er passte einfach sehr gut zu uns.
Hatte keine Probleme mit Katzen und sonst wurde er auch als sehr lieb
beschrieben.
Mit dem Tierheim Rathenow wurde der Samstag als möglicher Tag der
Kontaktaufnahme und des Kennenlernens ausgemacht.
Im Falle dessen, dass die
'Chemie stimmt' wurde vereinbart, dass wir Camillo mit zu uns nehmen können.
Das sind meine 2 neuen Freunde, Knudi und Benjamin.
Am Freitag - einen Tag vor der Fahrt zu Camillo-
wurde die Zoohandlung beglückt, ein Körbchen musste her und eine Decke,
diverse
Zahnpflegemittel, natürlich Futter und ein groooooooßes Sortiment an Leckerchen.
Dann war es soweit.....ab nach Ratenow......550 km
von uns entfernt wartete ein Hund,
den wir besuchen und evtl. gleich mitnehmen
wollten.
Alle waren sehr aufgeregt. Nach 5 Stunden Fahrt endlich am Ziel:
Das
Tierheim!
Die Hunde waren draußen freilaufend und tatsächlich -
den ersten Hund, den wir sahen:
Camillo
Mein
Lieblingsplatz......
Er kam direkt auf uns zu und ließ sich streicheln,
wie der Rest der Hundemeute.
Nach einem Gespräch, in dem die Formalitäten geklärt
wurden, ging es mit Camillo das erste mal Gassi.
Er war damals sehr aufgeregt.
Auf dem Spaziergang war uns klar: wir fahren nicht ohne Hund zurück.
Camillo war auf der Fahrt sehr, sehr
ängstlich. Er hat heute immer noch Angst beim Auto fahren
und springt in Panik
aus dem Auto, wenn man die Kofferraumklappe öffnet. Damals war er sehr verwirrt,
dass er nicht mehr zu den anderen Hunden zurück kam, sondern in ein Körbchen, wo
nichts nach ihm roch.
Mit Leckerlis konnte man ihn beruhigen und wir haben
damals schon seine Lieblingssorte direkt herausgegriffen.
Die ganze Fahrt zurück
wurde er Dauer gestreichelt.
( Gibt es im Guinnesbuch der Rekorde einen Rekord
für Dauer- kraulen? )
Für ihn war das alles auch sehr sehr aufregend.
Camillo und sein neues zu Hause
Eine kleine Anekdote, die uns immer
wieder ein Lächeln auf unsere Lippen zaubert ist, als unser Kleiner
das erstemal
die obere Etage besuchen sollte. Wir haben wir ihn wegen seiner Arthrose die
Stufen hoch getragen.
Oben angekommen setzten wir ihn ab, in voller Erwartung, er
würde einen Erkundungsrundgang machen.
Aber, weit gefehlt. Er schaute uns nur
an und wenn er ein Mensch gewesen wäre, hätte er wohl den Kopf geschüttelt.
Grummelte vor sich hin und flitzte geschwind die Treppe herunter und wieder
herauf, dass uns das Herz stehen blieb.
Danach setzte er in aller Seelenruhe seine
Erkundungstour fort,
als sei nichts gewesen und hinterließ vier sehr verblüfft
dreinschauende Gesichter.
Mir geht es soooooo gut!!
Am Montag nach seiner Ankunft hatten
wir direkt einen Termin bei unserem neuen Tierarzt,
der damals den vorherigen
Hund in seiner schweren Zeit sofort richtig und sehr liebenswürdig behandelte.
Er freute sich auch direkt, als er unseren Racker sah.
Camillo bekam den ersten
medizinischen Rundumschlag:
Die Blutwerte
wurden gemessen, nach dem Herz geschaut, die Augen behandelt- ebenso wie die
Nase,
der ganze Zahnstein wurde komplett entfernt und einige Zähne gezogen
usw.
Alles in allem war er gesundheitlich ( nach der Zahnbehandlung ) ganz
gut drauf. Er ist wohl chronisch nierenkrank,
aber es ist noch nicht
lebensbedrohlich.
Inzwischen haben wir auch viel Hilfe durch Frau Jostschulte
erhalten, die uns mit Bachblüten und Ernährungstipps
weiter geholfen hat und die
uns stets signalisierte, dass wir uns mit Fragen an sie wenden dürfen.
Juchu..unser Strandurlaub
Das Positive war, Camillo hört sehr
gut. Er läuft trotz seiner Athrose sehr gerne.
Im Haus verfolgt er uns auf
Schritt und Tritt.
Was uns am Anfang sehr erschreckt hat, war, dass Camillo bei
jedem Hund fürchterlich bellte und an der Leine tobte.
Wenn er ohne Leine war, sauste er wie ein schwarzes Geschoss auf die Hunde zu, bremste ganz kurz
vorher ab
und begrüßte sie danach recht freundlich. Uns und auch den anderen
Hundebesitzern blieb jedesmal die Luft weg.
Camillo schaffte es durch diese
Taktik sogar, dass ein stattliches Schäferhundweibchen, das ihn bei weitem
überragte, mit eingekniffenem Schwanz jaulend das Weite suchte.
Natürlich kam
Camillo sofort, als wir ihn riefen, trotzdem macht dieser Hund seitdem einen Riesenbogen um uns.
Camillo
ist sehr lieb zu unserer Katze.
Man merkte ihr aber an, dass sie gar nichts
davon hielt, wieder so einen 'Stinker'
(sie schüttelt sich angewidert, wenn sie
den Hund riecht) im Haushalt zu haben.
Die Katze läuft inzwischen wenigstens
einmal am Tag bei den Gassis mit, hält sich stets in seiner Nähe auf
und er
verteidigt sie bei anderen Hunden.
Familiengenosse Camillo !
Unser Camillo hat sich mittlerweile
völlig eingelebt, er ist ein absoluter Schmusehund,
läuft immer mit und macht
uns riesige Freude.
Wir haben uns wegen des Bellens an die Hundeschule Animal
Learn von Monika Ölscher gewendet.
Unsere Hundetrainerin ist auch völlig
begeistert von Camillo, genauso wie wir.
Camillo lernt sehr schnell und sehr viel
auf einmal, es macht ihm geradezu Spaß.
Es ist eine Freude zu sehen, wie seine
Augen leuchten, wenn er in der Hundeschule arbeiten darf.
Er ist regelrecht
begierig darauf, von uns eine Aufgabe zu bekommen.
Inzwischen, nach einigen 'Lernstunden', bellt er kaum mehr bei Hunden.
Die
Hundespaziergänge haben sich extrem gebessert, auch schießt er nicht mehr wie
ein geölter Blitz auf
die verdutzten Hunde zu, sondern begrüßt sie meist
gemütlich.
Er geht fast die ganze Zeit 'bei Fuß', ohne dass wir ihm das sagen und
schnuppert nur hier und da mal bzw.
was eben ein Hund so draußen tut.
Früher hatte er immer seine Rute
total eingezogen.
Aber wenn wir jetzt kommen, werden wir mit ordentlich Schwanzwedeln
stürmisch begrüßt
( er freut sich oft so, dass er fast vor Schwanzwedeln umkippt
),
auch beim 'arbeiten ' bzw. Aufgaben bekommen, beim Rennen, Gassi gehen, wenn
wir mit ihm reden,
überall da hält er die Rute mittlerweile entschlossen hoch.
Was da wohl drin ist??
Er ist
ein richtiger Maulwurf. Neben dem großen Kaninchenstall draußen, buddelt er mit
Begeisterung ein Riesenloch.
Am Anfang hatte er angefangen mit Vorliebe im
Beet zu graben, oder Blumen, die man gerade eingepflanzt hatte,
fein säuberlich
wieder daneben zu legen oder er hat die Leckerchen vergraben, die er nicht
mochte.
Aber inzwischen ist er zu dem besagten Kaninchenstall mit seiner
Gartentiefbaugestaltung ausgewichen.
Mein Garten...naja, die Buddelstelle sieht man nicht
Klar, Arztbesuche waren es einige und werden es noch mehr werden.
Auch muss das
Futter wegen seinen Nieren auf Spezialfutter umgestellt werden.
Aber wenn dieser
kleine Schmusehund ankommt und uns mit seiner Nase anstupst und mit den
wunderschönen großen Augen anguckt, ist das alles egal.
Einer meiner Lieblingsplätze....
Es gibt da zwei Geschichten, die müssen an dieser
Stelle einfach noch erzählt werden.
Sie
waren für uns ein Zeichen, dass er sich nun dieser Familie zugehörig fühlt.
Geschichte Nr.1
Eines Nachmittages traf ich auf unserer üblichen Gassi-Runde einen netten Hundebesitzer, der selbst einen
Tierheimhund hat und diesen
sehr lieb wieder aufgepäppelt hat.
Wir erzählten wie üblich ein bisschen und
nach anfänglichem Zögern nahm Camillo auch begierig Leckerchen von ihm.
Als wir uns verabschiedeten, wollte er sich wohl einen Spaß mit uns erlauben, denn er
versuchte Camillo mit
Leckerchen mit sich mit zu locken. Camillo ging auch das
erste Stück mit und ich überlegte mir schon,
wie ich denn meinen kleinen Hund
wieder einfangen sollte, denn er schien ganz vertieft in die Leckerchen zu
sein.
Doch plötzlich drehte er sich um, sah, dass ich nicht mitkam, raste wie ein
Blitz auf mich zu und drückte sich dann ganz eng an mich.
In dem Moment war ich
wohl der glücklichste Mensch auf der Welt.
Geschichte Nr 2:
Es war noch in der Zeit vor der Hundeschule, als wir
(meine Mutter und ich ) nichts ahnend im Wald herumspazierten
mit unserem
Kleinen. Er lief fröhlich vor uns her und nur rein zufällig drehte ich mich um.
Was ich da sah, ließ mir mein Herz gefrieren. Ein
großer stämmiger Retriever-Schäferhundmischling raste auf uns zu,
weit und breit
kein Besitzer zu sehen. Ich erschreckte mich tierisch, meine Mutter
ebenfalls.
Das war wohl zu viel für Camillo.
Der Hund war mittlerweile ziemlich
nah an uns ran, da schoss ein schwarzer Blitz aus der zweiten Reihe hinter uns
vor,
auf den Hund drauf. So dass dieser erst mal von der Wucht des Aufpralls zu
Boden ging.
Camillo ging, sobald dieser wieder aufgerichtet war dazu über,
knurrend hinter ihm her zu rennen
und versuchte ihn zu packen ( man bedenke...weitgehend ohne Zähne!!!...) Es ist dann noch gut ausgegangen,
der
Hund hat sich fortgetrollt.....Trotzdem, Camillo hatte in dem Moment nur den
Drang uns zu verteidigen.
Erst nachher wurde uns bewusst, das so etwas nur ein Hund
macht, der seinen Besitzer liebt!!!
Aufgrund seiner traurigen Vergangenheit, lassen wir
ihn nie mehr als max. 2 Stunden alleine
und niemals in einer fremden Umgebung.
Trotzdem, wehe man kommt als erstes nach Hause, wenn Camillo alleine war.
Meist
rast er mit einer Wahnsinns-Geschwindigkeit vom ersten Stock zur Parterre.
Da er
oft nicht abbremsen kann, läuft er ungespitzt in einen rein und wirft uns fast
um.
Danach wird erst einmal mind. 5 min Dauerknuddeln verlangt. Nach den 5 min
kann man es wagen, sich zu lösen.
Er läuft dann immer um einen herum ganz eng an
den Beinen entlangstreichend und brummt vor Freude.
Ich liebe dieses Ritual.
Wenn ich mal nach Hause komme und keine Langschnauze
streckt die Nase aus dem Haustürspalt oder rennt mich
von oben über den Haufen,
dann fehlt etwas ganz Entscheidendes:
Unser Kuschelhund
Camillo
geschrieben im November 2004 von Katharina, der Tochter des
Hauses 'Camillo' :-)
Ein riesiges Dankeschön an Camillos Familie, dass Sie nach all dem Erlebten
den Mut hatten,
einen über 12 jährigen Collie aus dem Tierheim
aufzunehmen,
Sie haben ein großes Herz und sehr viel Liebe zum Collie.
Camillo ist nach 2 1/2 Jahren
am 14. Januar 2007 im Alter von fast 15 Jahren in den Armen seiner Familie
sanft eingeschlafen.
Regenbogenbrücke Camillo
Heidi Jostschulte